Apothekengeschichte
Die Entstehung der St. Nikolaus Apotheke Schwarzenfeld
Geschrieben von Frau Rita Wittleben im Februar 2004
Gründer und erster Apotheker der St. Nikolaus Apotheke Schwarzenfeld war mein Vater Apotheker Emil Nikolaus Weiß. Er lebte mit seiner Frau Resl und mir, seiner Tochter Rita, verheiratete Wittleben, bis zum Juni 1945 in Nürnberg.
Er war als Apotheker und Betriebsleiter 21 Jahre in seiner damals kleinen pharmazeutischen Fabrik (Novartis®) tätig. Er wollte jedoch weg von der Industrie und eine eigene Apotheke führen.
Nach dem Zusammenbruch des Hitler Regimes schickte uns der alte Pfarrer Spangler von Schwarzenfeld im Mai 1945 nach Nürnberg die Nachricht und Bitte, mein Vater möchte doch in Schwarzenfeld (ein kleiner Ort mit damals etwa 4500 Einwohnern) eine Apotheke gründen, weil der Ort ohne Apotheke war und die nächsten Apotheken alle mindestens 10km entfernt waren. Die Verbindungen dahin waren sehr schlecht und darüber hinaus besaßen die Einwohner kaum ein eigenes Auto. Unter großen Schwierigkeiten der Nachkriegszeit fuhren wir mit Fahrrädern die über 100km von Nürnberg nach Schwarzenfeld. Das war im Juni 1945, also ganz kurz nach dem 2. Weltkrieg.
In Schwarzenfeld angekommen, stellten wir fest, dass der Ort überfüllt war von Flüchtlingen und Kriegsgeschädigten und das des äußerst schwierig, geeignete Räume für eine Apotheke zu finden. Am Rande Schwarzenfelds lag eine Werkssiedlung, in der noch ein ehemaliges nationalsozialistisches Jugendschulungsheim leer stand (Quendweg). Dieses konnten wir mieten.
Damals gab es in Deutschland noch keine rechtliche Niederlassungs-freiheit für die Errichtung einer Apotheke, sondern die damals geltenden Gesetze sahen vor, dass vor der Eröffnung einer Apotheke über die Apothekerkammer in der Apothekenzeitung eine Ausschreibung stattfinden musste. Der interessierte und approbierte Apotheker, der die meisten Arbeitsjahre in Apotheken vorzuweisen hatte, bekam dann von der Kammer die Konzession für die ausgeschriebene Apotheke. Es ist klar, dass solch ein Bewerbungs- und Prüfungsprozess durch die Kammer langwierig war. Dabei war es absolut unsicher, dass mein Vater die Apotheke zugesprochen bekommen hätte, obwohl er diese Apotheke unter größten persönlichen Schwierigkeiten aufgebaut hatte.
Mein Vater war befreundet mit dem alten Schwarzenfelder Pfarrer und Pt. Provinzial Victor Koch. Und Pt. Victor Koch war ungeduldig, weil ja die Apotheke betriebsbereit gewesen wäre, aber ohne Genehmigung nicht geöffnet werden durfte. In dieser Zeit traten in einem ca. 3km entfernten kleinen Ort, mit Namen Grafenricht, in einem Bauernhof mehrere Typhusfälle auf. Die Bauersleute hatten zwei KZ Häftlinge in ihrem Hof versteckt. Diese Häftlinge konnten von einem Gefangenentransport, der im Bahnhof Schwarzenfeld bombardiert worden war, flüchten und konnten sich in dem erwähnten Bauernhof verstecken. Leider waren die Häftlinge mit Typhus infiziert und hatten auch die Bauern angesteckt. Das war eine kritische Situation. 2 der Bauern starben. Meine Mutter, die dem behandelnden Arzt assistiert hatte, war auch infiziert, konnte aber gerettet werden. Die Gefahr einer Epidemie drohte.
Deshalb wurde Pater Victor Koch tätig und fuhr sofort nach Berlin, wo ein Freund oder Bekannter Highcommissionar war. Ich glaube sein Name war Murphie. An ihn wandte sich Pt. Provinzial und er schilderte ihm die prekäre Lage, dass die Schwarzenfelder Bevölkerung dringend eine Apotheke brauche um mit den notwendigen Medikamenten versorgt zu werden und einer drohenden Epidemie vorzubeugen.
Die amerikanische Militärregierung reagierte sofort und wir bekamen von ihr am 06.12.1945, dem Tag des Hl. Nikolaus, die kommissarische Erlaubnis, die Apotheke zu eröffnen. Wir waren natürlich überglücklich, ebenso Pater Victor, der uns erzählte, dass auch er mit bürgerlichem Namen Nikolaus hieß und mein eigener Vater ja auch. So lag es nahe, dass wir unsere Apotheke: St. Nikolaus Apotheke benannten aus Dankbarkeit dem Hl. Nikolaus.
Nach einiger Zeit reagierte auch unsere deutsche Behörde, die Bayerische Apothekerkammer und mein Vater bekam auch die deutsche Erlaubnis (Konzession) zur Eröffnung der Schwarzenfelder Apotheke, die mein Vater später meinem Mann und mir (wir sind beide Apotheker) übertragen hat (Dies war 1952, mein Mann war damals der jüngste Konzessionär Deutschlands).
1951 zog die Apotheke mit ihren Räumlichkeiten in die Hauptstrasse Schwarzenfeld um.
St. Nikolaus Apotheke in der Haupstrasse
Nun leitet unser Sohn Thomas Wittleben (seit 1989) in der 3. Generation mit großem Engagement und Erfolg die Schwarzenfelder St. Nikolaus Apotheke.
1991 zog die St. Nikolaus Apotheke von der Hauptstrasse in die
Neue Amberger Strasse um.
Wir alle halten die Erinnerungen an Pt. Provinzial Victor Koch, der in ganz Schwarzenfeld unvergessen ist, weil er sich um unseren Ort sehr verdient gemacht hat, hoch in Ehren. Ein großes Foto von ihm, das er uns einst schenkte, hängt in der Offizin der Apotheke neben dem Foto meines Vaters, dem Gründer und dem Mitbegründer dieser Apotheke. Das sind die großen Verdienste, die Pt. Victor Koch unserer Familie erwiesen hat in einer Zeit, in der unsere Existenz direkt bedroht war.
Das Team der St. Nikolaus-Apotheke
Alle Mitarbeiter anzeigenPollenflugkalender
Vorhersage für Schwarzenfeld